Im Gemeindebau läuft nicht immer alles wie am Schnürchen. Manche Prozesse erinnern eher an einen Tango: zwei Schritte vor, einer zurück. Hut ab vor Gemeindeleitern, die mit Glauben, Beharrlichkeit und Mut an der Vision ihrer Kirche festhalten. Das erlebe ich gerade mit einer Gemeinde in Straubing, wo die räumlichen Veränderungen im wahrsten Sinne aus der Sackgasse führen sollen.

Zu wenig Platz in der Herberge

Im Dezember 2015 bereits kontaktierte mich ein Mitglied der Gemeindeleitung, weil ihr bisheriges Gewerbegebäude aus allen Nähten platzte. Es fehlte vor allem an Jugend- und Kinderräumen, weil sie guten Zulauf von jungen Familien hatten und weiter wachsen wollten. Auf dem bestehenden Grundstück zu erweitern hatte die Stadt bisher verwehrt. So gingen sie auf Projektsuche in Straubing: einmieten, Neubau, kaufen – egal.

Die Gemeindeleitung wollte sich von mir beraten lassen, weil sie ein konkretes Objekt im Auge hatte: Eine ehemalige Postimmobilie, die ein Unternehmen erworben hatte, das dort Büro- und Gewerbeflächen unterhielt und freundschaftlich mit der Gemeinde verbunden war. Im Außenbereich gab es ein Freigelände, auf dem ein Gemeindesaal denkbar war. Interessanterweise sollte es eine Art Joint Venture werden: Die Firma nutzt das Gebäude unter der Woche für ihre Pausen- oder Besprechungsräume, die Kirchengemeinde am Abend und am Wochenende für ihre Gruppenräume.

Wir waren begeistert von dieser Doppelnutzung, die wir immer predigen

Die Gemeinde hätte dann einen Teil des Grundstücks kaufen können und nur noch für den Gottesdienstsaal, fürs Foyer, für spezielle Kinderkrabbel- sowie die Sanitär- und Nebenräume ein neues Gebäude errichten müssen. Das wäre dem engen Budget der Gemeinde entgegengekommen und klang so richtig vernünftig.

Allerdings stand das Wohnhaus der Gesellschafter der Firma direkt nebenan. Sie zögerten mit der Zustimmung, weil durch den Einzug der Gemeinde wesentlich mehr Leben in die Nachbarschaft gekommen wäre. Dann monatelange Funkstille. Erst eineinhalb Jahre später, Mitte 2017, erfuhr ich, das Ganze habe sich zerschlagen.

Die erstaunliche Wendung

Aufgrund des räumlichen Engpasses war die Gemeindeleitung aber zwischenzeitlich am Ball geblieben und suchte nach Alternativen. Sie bemühte sich um eine Genehmigung, auf ihrem Gemeindegelände temporär Container aufzustellen zu dürfen. Beim Bauamt hieß es plötzlich, sie könnten auch langfristig dort erweitern und bauen, obwohl dies zuvor abgelehnt worden war. Dafür sollte 4Wände nun ein Konzept erarbeiten.

Vor Ort sah ich mir die Situation an. Es handelte sich um eine ehemalige Gewerbehalle, die von außen wenig attraktiv war und buchstäblich in einer Sackgasse steckte. Nach hinten hin allerdings war dieses Gebäude im Gewerbemischgebiet am Rand von Straubing wunderschön gelegen, mit Blick auf die Donau. Wenn auch schwer zu finden. Für Gäste war die Lage herausfordernd, sozusagen am Wurmfortsatz der Stadt.

Wechsel der Blickrichtung, weg vom „Blinddarm“ von Straubing

Was tun, wenn diese Kirche von der Gesellschaft wahrgenommen werden will? Angesichts ihres Standorts fast unmöglich. Und noch ein weiterer Nachteil machte ihnen zu schaffen: Durch die schlechte Dämmung war es im Winter zu kalt, im Sommer zu warm. Dennoch hatten sie vor ca. 20 Jahren die Gewerbehalle erworben und den Innenraum schön hergerichtet.

„Wie ist das so am Wochenende und abends?“ platzte es aus mir heraus. „Spazieren da viele Leute an den Donauauen entlang? Ist das vielleicht sogar ein Naherholungsgebiet?“ Nicht nur das, erfuhr ich, sondern auch, dass es dort sogar einen inoffiziellen Radweg gäbe. Da kam mir die Idee, das ‚Gesicht‘ des Gebäudes nicht in Richtung Sackgasse mit den Wohnhäusern hin zu orientieren, sondern zu den Donauauen.

Ein neuer Rückschlag, doch die Gemeindeleitung ließ nicht locker

Ich witterte für die Gemeinde die Chance, nach hinten hin ein kleines Foyer als multifunktionales Gebäude mit Bistro und Gruppenräumen im Obergeschoss zu realisieren. Es sollte einladend sein und eine Kultur der Gastfreundschaft ausstrahlen. Bei der Gemeindeleitung rannte ich offene Türen ein, weil sie sich längst eine Begegnungsfläche mit mehr Leben wünschte. Wir entwickelten also das Konzept dafür und waren guter Dinge, weil wir bereits mit dem Bauamt positive Gespräche geführt hatten. Dann das Aus. Aufgrund von Naturschutzbelangen durften wir das Konzept so nicht umsetzen.

Obwohl es auch für die Gemeindeleitung frustrierend war, die auch noch die Kosten für die Konzeptentwicklung tragen musste, gab sie nicht auf. In einem Gewerbegebiet fand sie ein ehemaliges Autohaus gegenüber eines großen Parkplatzes und eines Real-Markts, in dem täglich hunderte von Menschen ein- und ausgehen. So etwas wie ein kleiner Marktplatz. Schon häufiger habe ich in meinem Blog erwähnt, dass der Standort entscheidend ist, wenn wir Menschen erreichen wollen. Wenn ich nicht an einem Ort bin, wo Menschen sich aufhalten oder vorbeifahren, nützt mir meist auch das schönste Gebäude wenig.

Unterm Strich ein Ja

Es ist definitiv herausfordernd, das Gebäude des ehemaligen Autohauses in ein Gemeindezentrum zu verwandeln, aber der Standort macht einiges wett. Als ich kürzlich in Straubing mit dem Verkäufer und der Gemeindeleitung die Fürs und Widers abgewägt habe, sprach mehr dafür. Die Gemeinde muss sich nur noch für einen maximalen Kaufpreis entscheiden. Und klären, ob die Stadt einer Nutzungsänderung zum Gemeindezentrum zustimmt und gewisse Zugeständnisse macht. Beispielsweise ein LKW-Halteverbot auf dem Vorplatz der Gemeinde.

Das Dramatische an dieser Geschichte: Es sind jetzt zweieinhalb Jahre ins Land gegangen. Immer wieder gab es Lichtblicke, dann kam der Rückschlag. Auch das Bauamt war bisher kein verlässlicher Partner. Ich bin aber sicher, dass die Beharrlichkeit dieser Gemeindeleitung bald belohnt wird und Gottes Plan für seine Kirche sichtbar wird. Bleibt zu hoffen, dass kein neuer Wiegeschritt mehr wartet auf ihrem Weg raus aus der Sackgasse.