Die Idee entstand in einer lauen Sommernacht. Vater und Sohn abends allein am Feuerkorb. Mein Sohn war gerade 18 geworden und stolzer Besitzer eines Führerscheins, als er mich mit dieser Idee überfiel. Er liebäugelte mit einem eigenen Auto, hatte aber nicht das Geld dazu.
Offenbar hatten ihn die Begeisterungsblitze in meinen Augen angesteckt
Er stand kurz vor seinem Freiwilligen Sozialen Jahr in München und auch ein Maschinenbau-Studium hatte er sich in den Kopf gesetzt. Für letzteres fehlte es ihm allerdings an praktischer Erfahrung. Er erinnerte sich an meine leidenschaftlichen Erzählungen, wie ich als Bastler früher Geld für mein Studium dazu verdient habe: Ich reparierte und fuhr alte Autos. Oftmals gelang es mir auch, sie anschließend teurer zu verkaufen.
Da sprudelte es aus meinem Sohn heraus: „Papa, können wir nicht mal zusammen ein altes Auto herrichten?“ Ich spürte, dass ihn zwei Gründe dazu bewegten: Zum einen, um selbst einen günstigen fahrbaren Untersatz zu haben. Zum anderen, weil er gerne etwas mit mir zusammen machen und von mir lernen wollte.
Rostig, aber romantisch
Ich überlegte, welches Auto für uns geeignet und günstig zu kaufen wäre. Eines mit Spaßfaktor und ein bisschen was Besonderes. Alte VW-Busse hatten es uns schon länger angetan. Also kamen wir auf ein T3-Chassis aus den Neunzigerjahren. Bald schon merkten wir allerdings, dass solche Fahrzeuge mit den gewünschten Extras – vielleicht sogar mit Wohnmobilausstattung – doch relativ teuer waren.
Irgendwann entdeckte ich einen erschwinglichen T3-Doppelkabiner, einen Pritschenwagen. Er lief und hatte sogar noch ein paar Wochen TÜV, war aber ziemlich verrostet. Kurzentschlossen kaufte ich das Gefährt. In unserer kleinen Lagerhalle machte es uns anschließend viel Spaß, ihn zu demontieren. Wir erneuerten die Bremsen und schraubten, was das Zeug hielt. Jeder zweite bis dritte Samstag war unser Vater-Sohn-Tag. Würden wir es schaffen, dass Auto herzurichten?
Kaputt, aber glücklich
Wir hatten wunderschöne Zeiten. Mein Sohn lernte viel und mir machte das Projekt mit ihm großen Spaß. Auch wenn wir zwischendurch an unsere Grenzen kamen und neues Werkzeug kaufen mussten. Am Abend waren wir immer glücklich – und völlig kaputt. Bald mussten wir feststellen, dass die Karosserie in einem derart desolaten Zustand war, dass ich mit meinen sehr begrenzten Schweißkenntnissen nicht in der Lage war, die Karosserie wiederherzustellen. Glücklicherweise kannten wir eine KFZ-Werkstatt, die auf T3-Fahrzeuge spezialisiert war. Dort fanden wir eine alte, verstaubte Karosserie ohne Motor etc., die aber immerhin in einem besseren Zustand war als unsere.
Zwei für eins – „Happy Hour“ mal ganz anders
Wir kauften diese Karosserie und versuchen nun, aus zwei Autos eins zu machen. Alle paar Wochen arbeiten wir seitdem an dieser „Hochzeit“ und unterhalten uns dabei über alles Mögliche. Die Treffen sind zu einem wesentlichen Anker unserer Beziehung geworden. Obwohl unser Sohn jetzt in München studiert, taucht er dadurch immer wieder bei uns zu Hause auf. Das freut auch ganz besonders meine Frau.
Inzwischen legten wir uns ein Schweißgerät und eine Hebebühne zu, was uns einen starken Motivationsschub gab. Nun stehen wir vor den nächsten Herausforderungen: Wenn wir die Karosse komplett zerlegt haben, bringen wir sie zum Sandstrahlen und Lackieren. Danach wollen wir uns mit dem Motor beschäftigen und ihn auseinander nehmen.
Unsere Beziehung hat eine neue Tiefe bekommen
Es gab auch Rückschläge, die unsere Geduld hart auf die Probe stellten. Einen Tag verbrachten wir beispielsweise nur damit, einen Stehbolzen an der Bremsbefestigung zu lösen, der völlig festgerostet war. Weder Heißluftfön noch Vereisungsspray, nicht einmal brachiale Gewalt halfen. Mein Sohn brachte auch dann noch Geduld auf, wenn ich schon zum groben Hammer griff. Im Laufe der Zeit lernten wir uns noch viel besser kennen.
Uns ist inzwischen klar geworden, dass es nicht nur um die Fertigstellung des Projektes geht, sondern auch um unsere Beziehung. Seit zweieinhalb Jahren nun schrauben wir schon gemeinsam an unserem Prachtstück. Längst wollten wir es fertig haben. Als Student braucht mein Sohn aber zur Zeit kein Auto, weil er in der Nähe der Uni wohnt. Und unserem Traum kommen wir trotzdem immer näher: Auf der T3-Ladefläche mal fünf Mountainbikes unterzubringen, um damit in die Berge zu fahren. Für meinen Sohn, seine Freunde und mich. Spaßfaktor inklusive.